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Pro & Contra: Bedingungsloses Grundeinkommen

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Es ist eine verführerische und viel diskutierte Idee: Jeder Bürger erhält – egal wie arm oder reich er ist – monatlich vom Staat einen bestimmten Betrag, die ihm ein menschenwürdiges Leben ermöglicht. Sozialleistungen fallen im Gegenzug weg. Zukunftsweisendes Modell oder nur was für Tagträumer? Schekker-Autoren Enis und Onur sind da unterschiedlicher Meinung.

Pro: Enis

„Der Mensch ist noch sehr wenig, wenn er warm wohnt und sich satt gegessen hat, aber er muss warm wohnen und satt zu essen haben, wenn sich die bessere Natur in ihm regen soll.“ Was Friedrich Schiller schon vor 200 Jahren wusste, sollten wir uns heute angesichts stetiger Prekarisierung des Arbeitsmarktes, Langzeitarbeitslosigkeit und steigenden Sozialleistungen mehr denn je vergegenwärtigen: Erst wenn unsere Existenzgrundlage gesichert ist, können wir uns selbst verwirklichen.

Dies gelingt aber nicht, wenn ich vorrangig arbeiten gehe, um (über-)leben zu können. Ich möchte einer Arbeit nachgehen, weil sie mir Spaß macht und nicht nur, um mit ihr meine Existenz zu sichern. Deshalb plädiere ich für das bedingungslose Grundeinkommen (BGE)!  

Das Statistische Bundesamt bezifferte 2010 die deutschen Sozialleistungen, die u.a. für Arbeitslosen- und Wohngeld aufgewendet wurden, auf 760,6 Mrd. Euro – Tendenz steigend. Angenommen, jeder Bürger, ob Kind oder Erwachsener, bekäme pro Monat ein BGE von 900 Euro, ergäbe das 738 Mrd., also weniger, als der Staat derzeit für Sozialleistungen ausgibt. Im Klartext: Das BGE ist schon finanziert!

„Wo Arbeit nicht zur Kulturarbeit wird, wird alles zur Monokultur.“, sagt Götz W. Werner, BGE-Verfechter und „dm“-Gründer. Und das ist der Punkt: Dass das Erwerbseinkommen oberste Priorität hat, hemmt unsere „Vielfalt von Arbeit und Ideenreichtum“; eine Entkopplung von Arbeit und Grundeinkommen würde dagegen Autonomie, Kreativität und gesellschaftliche Teilhabe des Einzelnen fördern. Mehr Menschen könnten einer ehrenamtlichen Tätigkeit nachgehen, da sie es sich mit dem BGE leisten könnten.

Es ist davon auszugehen, dass nur die wenigsten Menschen mit dem BGE allein zufrieden wären und auch weiterhin einer Arbeit nachgehen würden, aber eben einer, in der sie einen Sinn sehen. Somit ist das Argument, viele würden mit dem BGE nur noch auf der faulen Haut liegen, schlichtweg Nonsens.

Mit dem BGE könnte die alleinerziehende Mutter eine Teilzeitbeschäftigung ausüben und die Krankenschwester nebenbei ehrenamtlich tätig sein. Wollen wir uns und unser Leben nicht alle bedingungslos selbst bestimmen?

Contra: Onur

Die Utopie des bedingungslosen Grundeinkommens (BGE) ist bei besserem Hinsehen eine kostspielige und vor allem sozial schädliche Angelegenheit. Zugunsten des Grundeinkommens wird oft eingewendet, dass es die Armut besiege. Dieses Argument ist aber zu kurz gegriffen. In Industrieländern ist Armut eine relative Größe. In Deutschland wird niemand an Hunger sterben, hier beträgt die Armutsgrenze 940 Euro. Um also die Armut zu bekämpfen, müsste das Grundeinkommen deutlich höher liegen – nur um die finanzielle Dimension zu verdeutlichen, um die es in der Diskussion geht.

Die Armutsgrenze dient als Richtwert zur Berechnung des Grundeinkommens, wobei sie sich an den Einkommen orientiert. Da diese in einer dynamischen Wirtschaft steigen, muss das Grundeinkommen im selben Takt erhöht werden. Der Teufelskreis der daraus entstehenden Kosten ist absehbar.

Für viele Menschen ist die tägliche Arbeit ein wichtiger Bestandteil des Lebens. Zum einen gehen Sie ihr nach, um Geld zu verdienen und zum anderen strukturiert sie den Tag. Das bedingungslose Grundeinkommen würde diese Struktur zerstören, da der Zwang und somit auch der disziplinierende Faktor, den die Arbeit mit sich bringt, wegfallen würde.

Sicherlich würde das Grundeinkommen von vielen genutzt werden, die wohl keiner geregelten (und bezahlten) Arbeit mehr nachgehen würden. Dies hätte zur Konsequenz, dass unsere Wirtschaft nicht mehr so produktiv wäre. Unter den höheren Preisen, die die Folge wären, hätten wir alle zu leiden.

Das Grundeinkommen könnte dazu verführen, sich nicht mehr fortzubilden und gleichzeitig Leistungen vom Staat zu beziehen, ohne im Gegenzug etwas dafür zu leisten. Diejenigen, die arbeiten, würden also auch diejenigen mit finanzieren, die der Gesellschaft nichts zurückgeben. Gerecht ist das nicht. Die Gesellschaft würde gespaltet werden, in jene, die  nur Grundeinkommen kassieren und jene, die es bezahlen.

Letztendliche würde das Grundeinkommen mehr Probleme schaffen als lösen. Anstatt immer auf den Staat vertrauen sollten wir mündige und unabhängige Individuen sein.

 

Pro & ContraZwei junge Männer, unter einem steht "Pro", über dem anderen "Contra" im Hintergrund Geldscheine
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